Mord am OLG-Teich

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Nahe des Teichs im Ahsepark wurde der Leichnam der jungen Frau entdeckt
Nahe des Teichs im Ahsepark wurde der Leichnam der jungen Frau entdeckt

Als Mord am OLG-Teich, Mord im OLG-Park oder „OLG-Mord“ wurde in der Presseberichterstattung des WA der Mord an der 25-jährigen Hannah S. aus Hamm am Sonntag des 19. September 2021 bezeichnet. Der Name rührte daher, dass ihr Leichnam nur wenig später im Ahsepark am Oberlandesgericht aufgefunden wurde.

Das Verbrechen bewegte die Hammer Öffentlichkeit und führte zu lokaler und überregionaler Medienberichterstattung.

Tathergang

Das Opfer, Hannah S. (25),[1] hatte mit Freunden bis in den frühen Morgen des 19. September auf der Südstraße („Meile“) in der Diskothek Saloon Cheyenne[2] gefeiert. Nur wenige Minuten, nachdem Sie mit einer Freundin den Nachhauseweg angetreten und sich von dieser nahe des Bärenbrunnens verabschiedet hatte, muss sie gegen 6 Uhr nahe des Otto-Krafft-Platzes auf ihren Mörder getroffen sein.[3]

Ihr Leichnam wurde bereits gegen 6:45 Uhr von Passanten entdeckt. Die junge Frau war nur noch mit ihrem Oberteil bekleidet. Offenbar hatte der Täter sie zur sexuellen Befriedigung entkleidet und Fotos angefertigt.[4] Im späteren Strafprozess wurde schließlich klargestellt, dass der Fundort der Leiche nicht der Tatort war. Der direkte Nachhauseweg für Hannah S. wäre über den OLG-Park mit einem massiven Umweg verbunden gewesen. Des Weiteren wurden Schleifspuren festgestellt, die belegen, dass die Leiche nachträglich zum Teich gezogen wurde.

Täter

Schon am Montag nach der Tat[5] konnte Simon S., ein einschlägig vorbestrafter 27-Jähriger aus dem Hammer Süden, der offenbar jahrelang wahllos Frauen nachgestellt hatte,[6] als Tatverdächtiger vorläufig festgenommen werden.[7] S. bestritt den Tatvorwurf und wurde zunächst entlassen, aber bereits am Mittwoch des 22. September als dringend Tatverdächtiger erneut festgenommen und am Folgetag dem Haftrichter vorgeführt, der einen Haftbefehl erließ.[5]

Unter den Fingernägeln der Toten konnten DNA-Spuren von Simon S. nachgewiesen werden. Außerdem wurde ein Messer mit dem Blut des Opfers in seiner Wohnung gefunden.[8] Forensikern der Polizei gelang es zudem, Fotos der Toten auf seinem Handy wiederherzustellen.[4]

Aus der Untersuchungshaft heraus soll S. seinem Vater einen Brief geschrieben haben, in dem er die Tat einräumt. Hierin soll er außerdem von einer ausufernden „Sexsucht“ berichtet haben.[9]

Strafprozess

1. Verhandlung vor dem Dortmunder Schwurgericht

Die Staatsanwaltschaft Dortmund erhob im Januar 2022 Anklage wegen Mordes.[10] Die Gerichtsverhandlung begann 15. März vor dem Dortmunder Landgericht und war zunächst auf sechs Verhandlungstage angesetzt.

Zu Irritationen führte im Laufe des Verfahrens, dass einer der Schöffen mehrfach in den Verhandlungen eingeschlafen sein soll. Schließlich wurde er jedoch nicht für befangen erklärt. Diese Entscheidung wurde vom Anwalt des Angeklagten, Dennis Kocker, als falsch bewertet. Aufgrund dieser Vorfälle musste schließlich der letzte Verhandlungstag wiederholt werden.[11]

Während des Prozesses wurde ein Gutachten der renommierten psychiatrischen Gutachterin Nalah Saimeh verlesen. Diese diagnostizierte bei dem Angeklagten eine Borderline-Persönlichkeitsstörung und betonte die Behandlungsbedürftigkeit des Angeklagten, da bei ihm „Sexualität und Wut eng aneinander gekoppelt“ seien.[9]

Die Plädoyers wurden am 27. Juni gehalten. Die Staatswanwaltschaft forderte 14 Jahre Haft sowie eine unbefristete Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik. Eine lebenslange Haftstrafe sei nur deshalb ausgeschlossen, weil der Mann zur Tatzeit nur vermindert schuldfähig war. Anders bewertete dagegen der Vertreter der Hinterbliebenen den Fall: Der Angeklagte habe den Mord geplant und mit der Bluttat unendliches Leid über die Familie gebracht, hieß es in seinem Plädoyer. Erstmals in der Hauptverhandlung räumte auch die Verteidigung des Angeklagten ein, dass der Angeklagte der Täter ist. Die Verteidiger Dennis Kocker und Benedict Heiermann beantragten jedoch nur eine Verurteilung wegen Totschlags, da der genaue Tathergang unklar sei, auch weil der Angeklagte im Prozess geschwiegen habe. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung des Beschuldigten hielt Kocker ebenfalls für gerechtfertigt. Der Angeklagte dagegen schwieg, mit Ausnahme einer auf einen Aktenordner geschriebenen Botschaft („Es tut mir leid“),[4] bis zum Prozessende: „Ich habe keine Worte, ich habe nichts zu sagen.“[12]

Das Urteil wurde am 29. Juni gefällt. Simon S. wurde zu 13 Jahren Freiheitsstrafe und der Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Angeklagte die 25-jährige Frau im September 2021 erstochen hatte, um sich sexuell an ihr zu befriedigen: „Nur das erklärt diese Tat […] wir haben überhaupt keine Zweifel, dass er der Täter ist“, so der Vorsitzende. Das Gericht habe die Unterbringung in der Psychiatrie nicht nur zur Behandlung der Persönlichkeitsstörung des Angeklagten angeordnet, sondern vor allem zum Schutz der Allgemeinheit.[4]

Revision

Gegen das Urteil legte die Verteidigung beim Bundesgerichtshof (BGH) Revision ein. Ziel der Revision war die Klärung der Frage, ob das vom Schwurgericht Dortmund angenommene Mordmerkmal der Befriedigung des Geschlechtstriebs tatsächlich erfüllt worden ist.[13]

Am 26. Juli 2023 berichtete der Westfälische Anzeiger, dass das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 29. Juni 2022 vom 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs bereits am 28. Februar 2023 teilweise aufgehoben wurde und die Strafsache neu verhandelt werden muss. Das Landgericht habe die Motivlage und Schuldfähigkeit von Simon S. nicht rechtsfehlerfrei begründet, auch wenn an seiner Täterschaft keine Zweifel bestünden. Verteidiger Dennis Kocker zeigte sich irritiert, dass dieser Beschluss erst fünf Monate später zugestellt wurde.[14]

Die Verteidigung beantragte daraufhin zunächst beim Landgericht, die Unterbringung des Täters in der forensischen Psychiatrie aufzuheben. Dieser Antrag wurde jedoch zurückgezogen, noch bevor das Gericht darüber verhandeln wollte, da Gutachterin Nalah Saimeh eine Stellungnahme abgegeben hatte, wonach keine Anhaltspunkte dafür bestehen, die Verfassung des Angeklagten neu zu bewerten. Die Verteidigung wollte sich zunächst näher mit der Stellungnahme befassen und zog den Antrag daher zurück.[15]

2. Verhandlung vor dem Dortmunder Schwurgericht

Am 27. September 2023 veröffentlichte der WA in der Tagesausgabe, dass die Neuverhandlung ab dem 20. November 2023 am Dortmunder Landgericht stattfinden sollte. Zunächst waren acht Verhandlungstage bis zum 10. Januar 2024 angesetzt.[16] Im Februar 2024 wurde bekannt, dass die angesetzten Verhandlungstage, ein Urteil sollte ursprünglich im März 2024 gefällt werden, nicht ausreichen würden.

Wie schon in der ersten Verhandlung machte der Angeklagte, Simon S., von seinem Schweigerecht Gebrauch. Der neu bestellte Psychiater Michael Mattes bestätigte im Verfahren im Wesentlichen die Einlassungen von Gutachterin Nalah Salmeh aus dem ersten Prozess: „Der Angeklagte hat eine antisoziale Persönlichkeitsstörung – und zwar die schwerste mögliche Form.“ Zudem wurde eine zwanghafte sexuelle Verhaltensstörung attestiert.[17]

Aufarbeitung in den Medien

  • Im Podcast „Ohne Bewährung“, der von audiowest und den Ruhr Nachrichten betrieben wird, wird der Fall unter dem Titel „Ich bin dein Albtraum“ erzählt und wiedergegeben.

Zum Podcast (extern)

Gedenken der Familie

Unter einem Baum an der Fundstelle des Leichnams ist eine provisorische Gedenkstätte eingerichtet, an der Kerzen, Kreuze und Blumen abgelegt werden.

Nach Aussagen der Familie wurde die Gedenkstätte um den Geburtstag der Verstorbenen im Jahr 2023 von Unbekannten geplündert. Die von der Familie dort platzierten Devotionalien seien verschwunden, darunter ein Kreuz mit Namen aus Plexiglas, eine Tulpe aus Metall und Holz sowie ein Panda.[18]

In ihrer Traueranzeige erhob die Familie den Vorwurf, dass „Behörden, Institutionen und selbst die Gastronomie“ versagt hätten.

Einzelnachweise

  1. bild.de vom 26. März 2022
  2. Martin von Braunschweig: „Mord im OLG-Park: Angeklagter schweigt zum Prozessauftakt“ in: Wa.de vom 15. März 2022
  3. Wa.de vom 24. September 2021
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Martin von Braunschweig: „Mord am OLG in Hamm: Urteil da... und ein winziges ‚Es tut mir leid‘“ in: Wa.de vom 29. Juni 2022
  5. 5,0 5,1 „Hamm: Polizei hat dringenden Tatverdacht! Mutmaßlicher Mörder von Hannah in Haft“ in: derwesten.de vom 23. September 2021
  6. Dennis Friedrich-Liedschulte: „Nach Mord in Hamm: Jetzt packt eine Bekannte des Verdächtigen exklusiv aus“ in: ruhr24.de vom 28. September 2021
  7. Wa.de vom 24. September 2021
  8. „Prozessauftakt im Mordfall Hannah S. aus Hamm“ in: wdr.de vom 15. März 2022
  9. 9,0 9,1 Martin von Braunschweig: „28-Jähriger wegen Mord an Hannah S. vor Gericht – Mutter hat ‚keine Worte mehr‘“ in: ruhrnachrichten.de vom 28. Juni 2022
  10. Frank Lahme: „Tötungsdelikt am OLG-Teich: 27-jähriger Hammer wegen Mordes angeklagt“ in: wa.de vom 13. Januar 2022
  11. Martin von Braunschweig: „Mord am OLG Hamm: Schöffe eingenickt? - Entscheidung da“ in: wa.de vom 23. Mai 2022
  12. Martin von Braunschweig: „Messer-Mord im OLG-Park: Diese Haftstrafe fordert die Anklage“ in: wa.de vom 27. Juni 2022
  13. Cedric Sporkert: „Mord am OLG-Teich: Verteidigung geht in Revision - Das sind die Gründe“ in: wa.de vom 11. Juli 2022
  14. Cedric Sporkert: „Rechtsfehler: Urteil nach Mord im OLG-Park in Hamm überwiegend aufgehoben“ in: wa.de vom 26. Juli 2023
  15. Frank Lahme: „Mord am OLG-Teich: 29-Jähriger bleibt in der Forensik“ in: wa.de vom 12. August 2023
  16. Frank Lahme: „Mord am OLG-Teich: Fall Hannah wird neu aufgerollt“ in: wa.de vom 27. September 2023
  17. Martin von Braunschweig: „Mord im OLG-Park: Täter ein hochgefährlicher Psychopath?“ in: wa.de vom 21. März 2024
  18. Frank Lahme: „Geplünderte Gedenkstelle: Das traurige Treiben von Vandalen am OLG-Teich“ in: wa.de vom 21. Juni 2023