Bürgergemeinschaft gegen die Zerstörung der Weetfelder Landschaft e. V.

Aus HammWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Bürgergemeinschaft gegen die Zerstörung der Weetfelder Landschaft e. V.
Logo Logo BG Weetfeld.png
1. Vorsitzender Ulrich Schölermann
Gründung 2000
Adresse Weetfelder Straße 179, 59077 Hamm
Telefon (02381) 44 35 80
Telefax (02381) 43 14 16
Homepage https://www.bgweetfeld.de
E-Mail info@bgweetfeld.de
Vereinsregister AG Hamm – VR 1427
gemeinnützig ja
Bürgergemeinschaft gegen die Zerstörung der Weetfelder Landschaft e. V.

Schautafel der BG Weetfeld 2009

Stand der Daten 14.02.2024

Die Bürgergemeinschaft gegen die Zerstörung der Weetfelder Landschaft e. V., kurz BG Weetfeld, ist eine Bürgergemeinschaft im Hammer Stadtbezirk Pelkum im Ortsteil Wiescherhöfen-Weetfeld. Sie setzt sich ein für den Erhalt der bäuerlich geprägten Weetfelder und Wiescherhöfener Kulturlandschaft.

Die BG hat sich im Jahr 2000 gegründet, um das Industriegebiet Inlogparc in Weetfeld an der Stadtgrenze zwischen Hamm-Pelkum-Wiescherhöfen-Weetfeld und Bönen (im Kreis Unna) zu verhindern.

Für den Schutz der Landschaft – die BG Weetfeld engagiert sich für Menschen, für Umwelt und Natur

Die Auswirkungen des Industriegebiets „Inlogparc Weetfeld“ belasten Klima, Freiraum, Boden und Arten

Ende der 1990er Jahre begann in der Stadt Hamm die Suche nach einem Standort für ein neues Industrie- und Gewerbegebiet. Die Suche erstreckte sich über das gesamte Stadtgebiet, bevorzugt wurde in Autobahnnähe gesucht. Fünf Suchräume wurden ausgewiesen. Das Ergebnis der stadtweiten Suche war, dass lediglich in Pelkum-Weetfeld eine – nach Meinung des Planungsamtes der Stadt Hamm – geeignete Fläche für ein Industriegebiet gefunden wurde. Ohne nähere Untersuchungen bezeichnete die Stadt Hamm es als „indifferent“. sie erwartete kaum Widerstände im landwirtschaftlich geprägten Raum. Der Suchraum in Weetfeld war 280 Hektar groß.

Die Planung nimmt Gestalt an

Im September 1999 wurde bekannt, dass südlich der Wilhelm-Lange-Straße ein Industriegebiet geplant wurde. Es sollte ein „interkommunales Industriegebiet“ gemeinsam mit Bönen im Kreis Unna entstehen. Damit wollte man die Bedeutung der Planung unterstreichen und die Durchsetzung in den nötigen Genehmigungsverfahren vereinfachen. Es war sozusagen eine Erweiterung des Bönener Industriegebietes „Am Mersch“ auf Hammer Seite. Es sollte eine Logistik-Drehscheibe werden, wie sie in den großen Güterverteilzentren Europas, z. B. in Seehäfen, zu finden sind.

Allerdings: Dieses Industriegebiet ist nie interkommunal gewesen, über dieses Attribut spricht heute niemand mehr, weil die Voraussetzungen dafür nie geschaffen worden sind. In Bönen waren die Einnahmen aus der Gewerbesteuer hoch, man wollte in Hamm in ähnlicher Weise profitieren.

Es wurde eine Flächengröße von 75 Hektar für einen aufzustellenden Bebauungsplan (B-Plan) festgelegt. Die Nähe zur Autobahn A 2 mit der Anschlussstelle Hamm/Bönen war aus Sicht der Planer exorbitant gut, die A 1 war über das Kamener Kreuz schnell erreichbar, die A 44 und A 445 lagen ebenfalls in guter Erreichbarkeit; also ideale Bedingungen für Logistikbetriebe.

Die „Bürgergemeinschaft gegen die Zerstörung der Weetfelder Landschaft e.V.“ gründete sich

Für die Weetfelder Anwohner bahnten sich erhebliche Beeinträchtigungen an. Daher gründete sich die „Bürgergemeinschaft gegen die Zerstörung der Weetfelder Landschaft“ (BG).

In einer Veranstaltung am 16. März 2000 im Saalbau Bürger an der Wiescherhöfener Straße/Provinzialstraße, an der auch Vertreter der Verwaltung, des Rates, der Bezirksvertretung, der Parteien sowie der ev. Kirche teilnahmen, wurden die konträren Standpunkte zwischen Anwohnern sowie Politikern und Verwaltungsmitarbeitern ausgetauscht. Der Wille der Stadtspitze, hier in freier, bäuerlich geprägter Landschaft ein großes Industrie- und Gewerbegebiet zu schaffen, wurde deutlich und erschreckte die Anwohner.

Es folgte eine Zeit intensiver Arbeit für die aktiven Mitglieder der BG. Die Ziele des Vereins waren der Erhalt der bäuerlichen Kulturlandschaft. Ebenso stand der Freiraumschutz mit der Wahrung der Lebensräume für wild lebende Arten und die Möglichkeit der Nutzung der Naherholung an vorderer Stelle. Die Zerschneidung der weiten Landschaft zu immer kleiner werdenden Biotopen sollte vermieden werden. Befürchtet wurden auch verkehrliche Probleme auf den Anwohnerstraßen durch den unweigerlich zunehmenden LKW- und PKW-Verkehr. Noch mehr Lärm, CO2-Ausstoß, Diesel-Abgase und Lichtemissionen sowie die unwiederbringliche Zerstörung der Landschaftskulisse würden die Folge sein, so die Sorgen der Weetfelder Anwohner. Landwirtschaftliche Nutzfläche mit besonders hochwertigen Böden würde unter Beton und Asphalt verschwinden. „Weetfeld kommt von Weizenfeld, und in ein Weizenfeld baut man kein Industriegebiet“, so die Meinung der Bürger, denn die Böden in diesem Raum haben die Qualität von Bördeböden. Zu dieser Zeit wurden in Deutschland immer noch um 120 Hektar jeden Tag durch Bebauung vernichtet, und auch damals wurden bereits Forderungen der Wissenschaft publik, diesen horrenden Flächenverbrauch auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren; das ist das heutige Ziel im Jahr 2024. Um solche Zahlen und Entwicklungen kümmerte sich kein Hammer Kommunalpolitiker der „etablierten“ Parteien.

Steigender Online-Handel – steigende Verkehrsströme

Jahre später stellte sich heraus, dass die Befürchtungen der Weetfelder noch übertroffen wurden: Logistiker für die Paketzustellung und Warenlager großer Produzenten sollten sich im Inlogparc ansiedeln, die ihren Beitrag dazu leisteten, dass die LKW- und Sprinterfahrzeug-Verkehre auf den Straßen aufgrund des ausufernden Online-Handels immer größere Ausmaße annahmen.

Die Mitgliederzahl der BG stieg schnell auf 328 an. Vorstandssitzungen wurden in zweiwöchigem Abstand durchgeführt. Neben Treffen mit Politik und Verwaltung wurden „Motivationstreffen“ mit Grillfesten für die Anwohner durchgeführt. Es wurden Informationsveranstaltungen vor bis zu 250 Zuhörern veranstaltet, Podiumsdiskussionen durchgeführt, Rundbriefe herausgegeben und Publikationen verfasst. In der „Weetfeld-Mappe“, die allen Mitgliedern des Hammer Rates zugestellt wurde, wurde der Artenbestand des betroffenen Gebietes kartiert und veröffentlicht. Bereits Ende des Jahres 2000 wurden 4229 Unterschriften gegen das Industriegebiet und für den Freiraumerhalt gesammelt und dem Hammer Oberbürgermeister in einer Ratssitzung übergeben. Früh wurde ein Beirat aus Verwaltung der Stadt Hamm und BG geschaffen; bereits 2001 verließ die BG frustriert dieses Pseudo-Gremium, das keine Entscheidungsgewalt besaß und Sitzungstermine nicht anberaumte. Wirkungslos war diese Einrichtung, sie sollte nur die Bürger beruhigen.

Allein symbolischen Charakter hatte 2000 die Teilnahme der BG am Projekt des Bundestages „Der Bevölkerung“. Abgeordnete konnten aus ihren Wahlkreisen Erde nach Berlin bringen. Der Hammer SPD-MdB nahm Erde vom Acker eines Weetfelder Landwirts mit nach Berlin. Eine größere Gruppe BG-Mitglieder folgte der Einladung des Bundestagsabgeordneten in den Reichstag. Den Fortschritt der Planung behinderte dieser symbolische Akt natürlich nicht, denn auch die SPD unterstützte die geplante Versiegelung des Freiraums in Weetfeld.

Mündlicher und schriftlicher Austausch mit großem Zeitaufwand

Es gab einen ständigen Dialog mit allen politischen Parteien. Radtouren wurden veranstaltet, um den Parlamentariern die Schönheiten und Eigenarten des Gebiets zu zeigen. Vertreter der Landes- und Bundesregierung kamen nach Weetfeld. Auch die Vertreter der Kommunalpolitik erschienen vor Ort, besonders zu Wahlkampfzeiten. Die BG musste feststellen, dass zwischen den Gesprächen und dem Fortschritt des Planungsverfahrens ein eklatanter Widerspruch bestand. Allein die GRÜNEN sprachen Klartext: Kein Industriegebiet in Weetfeld. Unterstützung erfuhr die BG auch vom Umweltausschuss der Evangelischen Kirche in Hamm, der Kreissynode der Evangelischen Kirche und den Hammer Umweltverbänden.

Der Vorstand führte einen intensiven Schriftwechsel mit Politik und Verwaltungen: Oberbürgermeister, Ratsfraktionen, Kandidaten der Landtagswahl, Umweltministerium NRW, Staatskanzlei NRW, Landesanstalt für Ökologie, Boden und Forsten (LÖBF), Höhere Landschaftsbehörde Arnsberg, Untere Landschaftsbehörde Hamm, Planungsamt Hamm. Pressemitteilungen gingen an den Westfälischen Anzeiger und Radio Lippe Welle Hamm. Drei Wissenschaftler der Universität Dortmund sprachen sich 2001 gegen den Flächenverbrauch in Weetfeld aus und regten stattdessen die Nutzung von Industriebrachen an. In Folge dieser Verbindung nahm die BG Kontakt mit der „Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW e.V.“ (LNU) auf.

Die unbefriedigende Angelegenheit mit diesem (und allen anderen) Gutachten

Politik und Verwaltung versuchten der BG zu erklären, dass das Planungsverfahren bis zur Genehmigung der Bezirksregierung Arnsberg und der Beschlussfassung durch den Rat der Stadt Hamm „ja noch völlig offen“ sei. Schließlich käme es auch auf das Gutachten des (von der Stadt Hamm beauftragten) Planungsbüros an. Dabei wird dem Gutachter von seinem Auftraggeber nicht das Ziel vorgegeben, eine Planung zu verhindern, sondern er soll sie in seinem Sinne gerichtsfest machen – auch wenn sie die Ökologie noch so schädigt. Er soll dafür sorgen, dass seine vorgeschlagenen Maßnahmen für Ausgleich und Ersatz der versiegelten Fläche so dargestellt werden, dass sie mit dem Bundesnaturschutzgesetz in Einklang zu bringen sind. Die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, die Aufstellung einer Umweltstudie, die die Vorkommen der wild lebenden Arten aufführt, oder ein Landschaftspflegerischer Begleitplan mit all seinen Auflistungen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für neue Biotope weckt vielleicht Hoffnungen bei Naturschützern und Anwohnern, aber verhindern können all diese Begriffe eine Planung nicht. Das musste die BG leidvoll erfahren.

In der vorgelegten Umweltstudie als Teil des Verfahrens der Umweltverträglichkeitsprüfung durch das beauftragte Gutachterbüro aus Recklinghausen wurden Varianten aufgezeigt, die innerhalb des geplanten Industriegebiets mehr als 100 Meter breite Grünstreifen aufwiesen. Die Stadt Hamm hat diese Variante nicht berücksichtigt, sondern sich für eine andere Variante entschieden, die die geringsten ökologischen Ausgleichsmaßnahmen vorsahen.

Von der Stadt wurde ein Artenschutzgutachten erstellt, das vollkommen unzureichend war. Die BG beabsichtigte, ein Gegengutachten zu erstellen. Das städtische Gutachten wurde einem renommierten Planungsbüro vorgelegt; der Gutachter bestätigte die Einschätzung der BG. Er war aber nicht bereit, einen Auftrag der BG zu übernehmen, weil er befürchtete, künftig bei der Auftragsvergabe von der Stadt Hamm nicht mehr berücksichtigt zu werden.

Die im Rahmen des Verfahrens aufgeführten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind bei dem Umfang des Eingriffs völlig unzureichend und letztlich auch nicht nachvollziehbar dargestellt worden. So sollte z. B. als Ausgleichsmaßnahme eine Fläche für eine artenreiche Wildflora hergerichtet werden. Die wertvolle Lössschicht wurde abgetragen und ein nährstoffarmes Substrat aufgebracht. Es kam also zu der völlig widersinnigen Maßnahme, dass ein Eingriff durch einen anderen ausgeglichen werden sollte. Der wichtige Bodenschutz fand keine Beachtung.

2002 beschlossen die Bezirksvertretung Pelkum und der Rat der Stadt Hamm die Entwicklung des Industriegebiets Inlogparc, das Verfahren konnte beginnen. CDU, SPD, FDP und FWG stimmten zu, weil sie die Arbeitslosenquote von damals zwölf Prozent senken wollten. Nur Bündnis 90/Die Grünen stimmte dem Vorhaben nicht zu. Der Beschluss zur Aufstellung des B-Plans 04.065 Inlogparc erfolgte daraufhin im Dezember 2005.

2002 wurde die BG Mitgliedsverein des gesetzlich anerkannten Naturschutzverbands „Landesgemeinschaft für Naturschutz und Umwelt NRW e.V.“; das war ein wichtiger Schritt. So wurde die BG als LNU-Bevollmächtigter in Hamm in die Lage versetzt, als Teil eines gesetzlich anerkannten Naturschutzverbandes nach dem Landschaftsgesetz NRW Stellungnahmen zu Landschaftseingriffen (B-Pläne und FNPs) zu erstellen und sich offiziell ins Verfahren einzubringen wie die Träger öffentlicher Belange (z. B. Stadtwerke, Telekommunikationsbetriebe, Bahn, Post usw.).

Die BG gründete 2003 einen Rechtshilfefond, damit Mittel für eine Klage zur Verfügung gestellt werden konnten. Zur Finanzierung spendete der BUND Hamm den Betrag von 5000 Euro, die BUND-Gruppen Bönen und Unna spendeten ebenfalls. Auch viele Mitglieder der BG beteiligten sich mit Spenden.

2004 konnten im Raum Weetfeld fünf große Schautafeln aufgestellt werden, die das Ausmaß der Planung allen vorbeikommenden Fußgängern und Radfahrern verdeutlichte.

Verkehrsministerium stoppt Inlogparc-Planung

Ein Paukenschlag war der Erlass des NRW-Ministerium für Verkehr und Landesplanung im Juni 2004: Das Gewerbegebiet Inlogparc wurde aus der Planung gestrichen, weil es als „unerwünschte bandartige Entwicklung“ an einer Autobahn eingestuft wurde. Außerdem stellte die Landesregierung aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen fest, dass Flächenpotenziale ausreichend vorhanden sind und der Inlogparc dem Landesentwicklungsprogramm widersprach.

Aber die Lobbyarbeit der Befürworter und der Wechsel in der Landesregierung auf CDU/FDP kassierte den Erlass. Als sogenannter Ausgleich für die Versiegelung der Landschaft durch den Inlogparc wurde in Uentrop eine waldbestandene Fläche aus dem Landesentwicklungsplan (sogenannte „LEP-6-Fläche“) genommen. Dabei war klar, dass diese Fläche für eine Gewerbegebietsausweisung nie mehr in Frage kommen würde, weil hier mittlerweile Jahrzehntealter wertvoller Wald aufwuchs.

Der Kiebitz war zuerst da

Dieser am Boden brütende Wiesenvogel war seit Jahren auf einem Acker im Plangebiet mit mehreren Brutpaaren heimisch und zog dort seine Jungvögel hoch. Verjagen durfte man den gesetzlich streng geschützten Vogel nicht. Die Stadt Hamm wollte den Kiebitzen eine neue Fläche weiter nördlich zur Verfügung stellen, sie sozusagen „umsiedeln“. Die BG hatte vorgeschlagen, auf genau diesem Acker Wald anzupflanzen, um einen Lärmschutz für die angrenzenden Wohngebiete zu schaffen. Das wurde abgelehnt, der Schutz der Anwohner vor Lärm war offensichtlich weniger wichtig, aber die Zwänge zur Schaffung eines Ersatzhabitats für den Kiebitz waren gesetzlich vorgeschrieben. Durch diese äußerst fragwürdige Zuweisung der Kiebitz-Ersatzfläche kam man zu einer finanziell günstigen Ausgleichsmaßnahme. Hier wurde der erforderliche Schutz der Anwohner gegen einzuhaltende Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes ausgespielt, weil man keine andere Ersatzfläche suchen wollte.

Die Beschlussfassung in Bezirksvertretung und Rat

Von 2004 bis 2009 stellte die CDU in einer Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen den Bezirksvorsteher in Pelkum. Diese Koalition lehnte bis 2008 alle von der Verwaltung vorgelegten und mit der politischen Stadtspitze abgestimmten Beschlussvorlagen in der Bezirksvertretung ab, die BG schöpfte etwas Hoffnung auf ein Ende der Planung. Im Rat der Stadt Hamm wurden die in Pelkum abgelehnten Beschlüsse allesamt überstimmt. Als sich bei der Kommunalwahl 2009 andere Mehrheiten ergaben, verfolgte der neue SPD-Bezirksvorsteher die ablehnende Meinung in Pelkum nicht mehr.

Im September 2008 fand die entscheidende Ratssitzung statt. Der B-Plan 04.065 Inlogparc wurde zur Überraschung vieler Mandatsträger in einen Süd- und Nordteil aufgelöst. Der Rat beschloss mehrheitlich den Südteil mit 24 Hektar Fläche, der Nordteil mit 50 Hektar wurde aus dem Genehmigungsverfahren ausgegliedert und verschwand in der Schublade. Hintergrund: Völlig ungelöst waren die verkehrlichen Verhältnisse. Die Stadt Hamm konnte ihre Ankündigung, die B 63n als Zubringer des Inlogparcs bis zur Beschlussfassung rechtzeitig fertig gestellt zu haben, nicht einhalten. Allerdings war es auch niemals ein Bestreben der BG gewesen, die B 63n gebaut zu sehen, denn sie reduziert nicht die Verkehrsmengen. Ganz im Gegenteil sorgen neue Straßen für zusätzliche Verkehre.

Die gerichtliche Klage der BG

Die BG Weetfeld hatte 2007 beim Umweltbundesamt in Dessau den Antrag gestellt, als Umweltvereinigung nach § 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) anerkannt zu werden. Dadurch können Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eingelegt werden, wenn eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt worden ist. Gerichtlich wird der Ablauf des Verfahrens auf Verfahrensfehler geprüft, nicht die Inhalte der Berichte, die zur Beschlussfassung des Entscheidungsgremiums geführt haben. Die BG Weetfeld erhielt als vierter Verein diese Anerkennung.

Nach der Beschlussfassung durch den Hammer Rat 2008 klagte die BG vor dem Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) gegen den B-Plan, ein Fachanwalt aus Hannover vertrat die BG. 2012 fiel dann das Urteil, die Klage wurde abgewiesen. Inhaltliche Gründe wurden vor dem OVG nicht behandelt, es war allein eine juristische Auseinandersetzung vor Gericht.

5000 Arbeitsplätze ein Wolkenhaus

Die Prognose, hier 5000 Arbeitsplätze zu schaffen, entpuppte sich als Seifenblase. Auch die Aussagen der damaligen Bau-Dezernenten, dass der Inlogparc ohne die B 63n niemals in Betrieb gehen würde, erwiesen sich als unzutreffend. Auch diese Prognose des Hammer Oberbürgermeisters wurde nicht umgesetzt: „Werden durch die Bezirksregierung Arnsberg nur 30 Hektar genehmigt, dann steigen wir aus.“ Der Inlogparc wurde trotzdem abgespeckt genehmigt, er ist heute 24 Hektar groß, alle Weetfelder bekommen die verkehrlichen Belastungen täglich zu spüren. Die früheren Aussagen der Verwaltung und der Kommunalpolitiker galten nicht mehr.

Die Bilanz der BG – und die ungelösten Probleme

Was hat die BG Weetfeld erreicht? Es gibt schon einen Erfolg durch die anhaltenden Proteste, denn von den ursprünglich vorgesehenen 75 Hektar konnte nur etwa ein Drittel verwirklicht werden. Allerdings droht die Ausweitung auf den nördlichen zweiten Industriegebietsteil immer noch. Die Weetfelder befürchten, dass der Nordausbau kommen wird, sobald die GRÜNEN nicht mehr Mitglied der Hammer Stadtregierung sein könnten. Der aktuelle SPD-Oberbürgermeister weigert sich, die im Rat beschlossene Beendigung des Nordausbaus planungsrechtlich im FNP zu löschen. Die BG hat den Oberbürgermeister dazu mehrfach schriftlich aufgefordert. Dazu sehe er zurzeit keine Veranlassung, hat er der BG mitgeteilt.

Ungelöst sind die Verkehrsprobleme: 40-Tonnen-LKWs fahren über die Wohnstraßen der Weetfelder und Provinzialstraße und missachten das Durchfahrtverbot von LKWs über 3,5 Tonnen. Die Durchfahrtsperre aus schweren Betonklötzen vor dem Inlogparc in der Fortführung der Weetfelder Straße, die diese Zufahrten vermeiden soll, wurde mehrfach aktiv und mit fremder Hilfe umfahren. Eine Kontrolle der lärmschützenden Tempo-30-Zone auf der Weetfelder Straße von 22 bis 6 Uhr findet nicht statt. Die in die Durchfahrtsperre nachträglich eingebauten Metallhüte („Kölner Teller“, jeweils drei Hüte im Drubbel pro Fahrspur am Anfang und Ende der Betonwanne) lassen alle Fahrzeuge ins Ruckeln kommen, sind aber wirkungslos, was die geplante zu verhindernde Durchfahrt der Sprinterfahrzeuge betrifft. Diese Fahrzeuge sind breiter als die zugelassene Fahrzeugbreite von 2,20 Metern für das Durchfahren der Durchfahrtsperre; sie dürfen hier aufgrund der Beschilderung nicht durchfahren – Kontrollen finden nur hin und wieder statt.

Die BG Weetfeld versucht, klare Verhältnisse zu schaffen, um den immer noch drohenden Ausbau des zweiten Teils des Inlogparcs nicht Wirklichkeit werden zu lassen. Hierzu ist der B-Plan 04.066 vorgesehen, der vermutlich (bisher unveröffentlicht) in den Schubladen des Planungsamts liegt. Es muss befürchtet werden, dass dieser Plan weiterverfolgt werden wird, sollte Bündnis 90/Die Grünen nicht mehr Teil der Hammer Ratskoalition sein.

Warum sonst weigern sich Ratsparteien, die nötigen Schritte zur Änderung des FNPs einzuleiten? Ein dazu formulierter Antrag der Pelkumer Fraktion der GRÜNEN aus 2021 wurde zurückgezogen. Im Koalitionsvertrag der Hammer Ampelkoalition steht deutlich: „Die nördliche Erweiterung des Inlogparcs (südlich Wilhelm-Lange-Straße) lehnen wir ab“.

Zu kritisierende Beschlussfassung beim Regionalverband Ruhrgebiet

Im Hammer Rat wurde der Beschluss gefasst, den Regionalplan, der vom Regionalverband Ruhrgebiet (RVR) aufgestellt wird, dahingehend zu ändern, dass der Nordausbau des Inlogparcs aus dem Planwerk herausgenommen werden soll. Im Regionalplan stehen die nötigen Vorgaben für das Aufstellen von FNPs und B-Plänen in den Mitgliedskommunen des RVR. Dieser Regionalplan gilt von Oberhausen und Wesel im Westen über Recklinghausen bis nach Hamm im Osten des Ruhrgebiets. Der Hammer Ratsbeschluss war eindeutig formuliert und wurde von der Ratsmehrheit beschlossen: „Die nördliche Erweiterung des Inlogparcs mit ca. 48 Hektar in Hamm-Pelkum, Ortsteil Weetfeld, soll nicht weiterverfolgt werden.“ Dieser Beschluss des Rates ist im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zur Regionalplanänderung von der Stadt Hamm beim RVR eingebracht worden – so steht es im Protokoll der Hammer Ratssitzung. Der bereits bebaute Südteil des Inlogparcs (B-Plan 04.065) mit 24 Hektar ist von diesem Beschluss unberührt.

Offensichtlich hat es keine vorbereitenden Gespräche zwischen der Stadt Hamm und dem RVR gegeben. Die nötige Mehrheit im Beschlussgremium des RVR (dem „Ruhrparlament“) kam nicht zustande. Die Hoffnung der BG Weetfeld, dass dieser Beschluss umgesetzt werden würde, erfüllte sich nicht: Das Ruhrparlament des RVR hat den Nordteil des Inlogparcs nicht aus dem Regionalplan herausgenommen, sondern ihn als „Regionalen Kooperationsstandort“ im Plan belassen. Das bedeutet, dass sich Firmen mit einem Flächenbedarf ab fünf Hektar Größe ansiedeln können. Das Votum des Hammer Rates ist beim RVR ignoriert worden.

Inlogparc, B 63n, Multi-Hub Westfalen, K 35n, CreativRevier Heinrich-Robert – was kommt noch?

Künftig wird sich die BG nicht nur auf Weetfeld beschränken. Es gibt Planungen in Pelkum und Hamm-Mitte, die dies erfordern, weil sie Auswirkungen bis nach Weetfeld haben werden. Dazu gehört das Vorhaben, Bereiche des teilweise ungenutzten Rangierbahnhofs zu einem Güterverteilzentrum umzubauen. Dieses Verladeterminal, der Multi Hub Westfalen, soll LKW-Verkehre auf den Autobahnen vermeiden, weil Güter „von der Straße auf die Schiene“ verladen werden sollen. Das unterstützt die BG auch, aber die Sache hat einen Haken. Es gibt keine verkehrliche Infrastruktur, um die LKWs durch Hamm zum Rangierbahnhof zu führen. Straßen müssen gebaut werden, z. B. die B 63n von der Autobahnanschlussstelle in Bönen bis zur Hafenstraße in der Innenstadt. 2039 soll die Straße fertig sein, die seit 50 Jahren in verschiedenen Varianten geplant wird. Das ist ein viel zu langer Zeitraum, so lange wird die DB Cargo als Betreiber des geplanten Multi Hubs nicht warten wollen. Die Notlösung ist die ebenfalls noch zu bauende K 35n, die Weetfelder Straße neu. Sie soll die LKW-Verkehre, die über die Kamener Straße von Süden kommen und die LKWs, die von Norden und Westen über die Kamener Straße fahren, etwa in Höhe des aufgegebenen Bergwerkstandortes der Zeche Heinrich Robert aufnehmen und durch das Landschaftsschutzgebiet der Wiescherbachsenke zur Rathenaustraße auf den dahinter liegenden Multi Hub führen, solange die B 63n nicht fertig ist.

600 schwere LKWs mit bis zu 40 Tonnen Gesamtgewicht, so die Prognose, sollen täglich über die Kamener Straße zum Multi Hub anfahren, und zurück müssen sie auch wieder; das sind 1200 zusätzliche LKW-Fahrten pro Tag durch Wohngebiete Pelkums. Die Jahreshauptversammlung 2023 der Mitglieder der BG hat die These vertreten, zum Multi Hub Ja zu sagen – aber nur, wenn die Güter auf dezentral gelegenen Verladeterminals bereits auf die Schiene verladen werden und per Güterzug in Hamm angeliefert werden. Diese Möglichkeit wird seit einiger Zeit von Bahn-Insidern öffentlich vertreten; bislang war nur von einer Anlieferung per LKW auf Hammer Straßen die Rede. Um hier Klarheit zu erlangen, hat die BG der DB Cargo Ende September 2023 per Brief um Erläuterung gebeten. Eine Antwort ist nicht gekommen.

Die Verkehrsbelastungen auf der Kamener Straße sind derzeit schon zu den Stoßzeiten hoch und würden durch den Multi Hub Westfalen noch einmal kräftig steigen. Und dann ist auch noch das „CreativRevier“ auf dem Gelände der Zeche Heinrich Robert in Planung, das durch den Rat bereits beschlossen ist. Dort wird Wohnen und Gewerbe auf 54 Hektar Fläche geplant, mit weiteren 8000 Fahrzeugen pro Tag, so die städtische Prognose, werden dann auf der Kamener Straße zusätzliche Verkehrsströme unterwegs sein.

Der Bürgerantrag zum Inlogparc

Alle Bemühungen der BG, den Inlogparc Nord aus der Planung zu nehmen, sind bislang gescheitert. Daher hatte die BG einen Bürgerantrag an den Oberbürgermeister der Stadt Hamm formuliert. Damit wurde das bisher nicht erreichte Ziel angestrebt. 43 Hammer Bürger, von denen 15 Personen keine BG-Mitglieder sind, haben diesen Antrag unterzeichnet: Der Nordausbau des Inlogparcs sollte aus dem Hammer FNP gelöscht werden, und die Stadt Hamm wurde aufgefordert, sich beim RVR dafür einzusetzen, dass der RVR den Regionalplan Ruhrgebiet ebenso ändert.

Bürgeranträge werden in Hamm vom „Ausschuss für Beschwerden und Anregungen“ behandelt. Am 20. November 2023 tagte der Ausschuss und beschloss, den Antrag der BG einstimmig abzulehnen. Auch die GRÜNEN lehnten den Antrag ab. Dabei hatten die GRÜNEN sogar in ihrem Wahlprogramm zur Kommunalwahl 2020 aufgeführt, dass sie den Nordausbau nicht wollen und dies aktiv beworben. Begründung des Ausschusses: Die Stadt Hamm würde den Nordausbau derzeit nicht verfolgen; mehr nicht. Kein Wort zur drohenden Flächenversiegelung und zu den ungelösten Verkehrsproblemen. Allein DIE LINKE hätte dem BG-Antrag zugestimmt, hat aber in diesem Ausschuss nur eine beratende Funktion und ist nicht stimmberechtigt.

Fazit

Die BG Weetfeld wird sich weiterhin gegen den Nordausbau des Inlogparcs wehren. Sie will den Freiraum schützen, ein lebenswertes Umfeld auch für die Naherholung der Anwohner erhalten, die verkehrlichen Auswirkungen dezimiert sehen, gegen weitere Belastungen auf Boden, Luft und Wasser eintreten und den hier wild lebenden, gesetzlich geschützten Tieren im geplanten Gebiet des Nordausbaus Lebensraum erhalten, statt ihnen eine Betonwüste zu bieten. Zurzeit sind keine Aktivitäten des Planungsamtes zum Nordausbau feststellbar, zumindest bis zur nächsten Kommunalwahl im Jahr 2025 wird das so bleiben.

Sich in Hamm für Belange des Naturschutzes einzusetzen ist eine ungemein schwierige Aufgabe. Politik und Verwaltung davon zu überzeugen, dass der Schutz des Freiraums ein hohes Gut ist und dass wild lebende Arten Ansprüche auf die Bewahrung ihrer Lebensräume haben, hat sich in Hamm seit vielen Jahren als häufig nicht erreichbar heraus gestellt.

Allzu oft musste festgestellt werden, dass Gewerbe- und Industriegebiete problemlos ausgewiesen, aber Naturräume nicht geschützt wurden; für viele Entscheider sind sie wertloser Raum. Indikatoren für intakte Lebensräume (sofern sie heute überhaupt noch im urbanen Raum vorzufinden sind) sind die wild lebenden Arten aller Gattungen, auch die botanisch bedeutsamen Vorkommen. Kenntnisse darüber erlangen die Gutachter, die diese Flächen kartieren. Aber ihre Gutachten haben in der Regel immer wieder ein Ergebnis: Alles ist ausgleichbar, zumindest formell. Jeder Gutachter ist in der Lage, in der Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung eines B-Plans eine Bilanz auszuweisen, die den Ist-Zustand mit dem späteren Zustand nach erfolgten Eingriffs- und Ausgleichsmaßnahmen gleichstellt. Der Gutachter soll ja auch keine Planung verhindern, sondern er soll sie gerichtsfest, also durchführbar machen. Große Hoffnungen wurden in der Umweltszene auf den Beschluss des Gesetzes der Umweltverträglichkeitsprüfung gesetzt. Sie kommt aber nur bei Großvorhaben zum Einsatz, sie hat die bestehende Misere nicht verbessert. Die Krux ist, dass der Verursacher des Eingriffs den Gutachter bestellt, nicht eine neutrale Institution; der Auftraggeber erwartet ein ihm genehmes Ergebnis.

Die Erwärmung der Erdatmosphäre macht vielen Bürgern große Sorgen. Die Programme der Bundes- und Landesregierungen können noch so sinnvoll sein, sie müssen vor Ort umgesetzt werden. Dazu sind die B-Pläne entscheidend; sie müssen entsprechend gestaltet werden. Die BG bezweifelt, dass das in Hamm vollzogen wird.

Der Biodiversitätsrückgang ist enorm, der Artenverlust schreitet unaufhaltsam voran, der Rückgang des Freiflächenverbrauchs ist viel zu zaghaft. Die Deckelung des weltweiten Temperaturanstiegs von eineinhalb Grad ist in Gefahr.

Der Ausschuss für Klima, Umwelt und Natur (AKUN) des Rates der Stadt Hamm trifft Entscheidungen, die nach den Vorgaben der Stadt Hamm in den Beschlussvorlagen des Rates deckungsgleich sein müssen mit den Ausschüssen für Stadtentwicklung, für Wirtschaft und des Haupt- und Finanzausschusses. In diesem Ausschuss aber sollen doch Natur- und Umweltschutz gewahrt werden. Können so die Ziele des Naturschutzes erreicht werden?

Auf der Internetseite www.bgweetfeld.de informiert der Verein umfassend über alle Planungen und Eingriffe in Natur und Landschaft, der Kontakt per Mail ist über info@bgweetfeld.de möglich.

Fotos