Bahnhofstraße: Unterschied zwischen den Versionen

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=== 20. Jahrhundert ===  
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In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verlagerte sich die Geschäftstätigkeit von Einzelhändlern zunehmend in Richtung der Fußgängerzone (zwischen Westentor und [[Marktplatz]]). Die Bahnhofstraße wurde spätestens ab den 1970er-Jahren von Großkaufhäusern geprägt. Dazu zählten das schon länger ansässige Traditions-Kaufhaus [[Ter Veen]] (ehemals Richter, bis [[2019]]), [[Müller-Hamm]] ([[1951]]–[[1972]], davor [[Gebrüder Alsberg]] und ''Fahning''), die [[Kaufhalle]] ([[1962]]–[[2004]]) und Horten ([[1970]]–[[2000]]). Nach Übernahme wurde aus Müller Hamm schließlich der [[Kaufhof]] ([[1972]]–[[2020]]), [[Yimpas]] übernahm 2000 das Horten-Kaufhaus (geschlossen [[2005]]).  
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verlagerte sich die Geschäftstätigkeit von Einzelhändlern zunehmend in Richtung der Fußgängerzone (zwischen Westentor und [[Marktplatz]]). Die Bahnhofstraße wurde spätestens ab den 1970er-Jahren von Großkaufhäusern geprägt. Dazu zählten das schon länger ansässige Traditions-Kaufhaus [[Ter Veen]] (ehemals Richter, bis 2019), [[Müller-Hamm]] (1951–1972, davor [[Gebrüder Alsberg]] und ''Fahning''), die [[Kaufhalle]] (1962–2004) und Horten (1970–2000). Nach Übernahme wurde aus Müller Hamm schließlich der [[Kaufhof]] (1972–2020), [[Yimpas]] übernahm 2000 das Horten-Kaufhaus (geschlossen 2005).  


Anfang der 1980er-Jahre wurde die Bahnhofstraße vom [[Westentor]] bis zum [[Willy-Brandt-Platz]] provisorisch zur Fußgängerzone deklariert. Den Straßenverkehr nahm ab dem [[16. Juni]] [[1983]] die [[Neue Bahnhofstraße]] als Umgehung auf, der Busverkehr folgte am 1. August.  
Anfang der 1980er-Jahre wurde die Bahnhofstraße vom [[Westentor]] bis zum [[Willy-Brandt-Platz]] provisorisch zur Fußgängerzone deklariert. Den Straßenverkehr nahm ab dem [[16. Juni]] [[1983]] die [[Neue Bahnhofstraße]] als Umgehung auf, der Busverkehr folgte am 1. August.  
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|Zitat=Die graue, breite Straße, bis vor kurzem noch chaotischer Verkehrsmittelpunkt der Lippestadt, wird in eine grüne Einkaufsoase verwandelt werden. Es gibt viel zu tun — schließlich sollen die wesentlichen Bauabschnitte bis Dezember fertiggestellt sein. Im Februar legten die profilierten Gartenschau-Macher ihren modifizierten Plan vor, der gegenüber dem ersten Entwurf geschrumpfter aber realistischer scheint. Insbesondere die Bedenken der drängenden Anlieger wurden berücksichtigt.
|Zitat=Die graue, breite Straße, bis vor kurzem noch chaotischer Verkehrsmittelpunkt der Lippestadt, wird in eine grüne Einkaufsoase verwandelt werden. Es gibt viel zu tun — schließlich sollen die wesentlichen Bauabschnitte bis Dezember fertiggestellt sein. Im Februar legten die profilierten Gartenschau-Macher ihren modifizierten Plan vor, der gegenüber dem ersten Entwurf geschrumpfter aber realistischer scheint. Insbesondere die Bedenken der drängenden Anlieger wurden berücksichtigt.
|Quelle=„Baustelle Bahnhofstraße – Es grünt so grün...“ in: [[Hammmagazin]] 03/1984, S. 9–11}}
|Quelle=„Baustelle Bahnhofstraße – Es grünt so grün...“ in: [[Hammmagazin]] 3/1984, S. 9–11.}}


Dieser Entwurf wurde ab [[1985]]<ref name="chronologie" /> weitgehend umgesetzt. Die im ersten Entwurf noch vorgesehenen Arkaden-Vorbauten vor den Geschäftshäusern, die die Bahnhofstraße wetterfest machen sollten, waren nach Widerstand der Immobilieneigentümer schon gestrichen worden, zum Bedauern der Planer.<ref name="hgz1985-03"/> Nachdem die Bauverwaltung zunächst Musterfelder angelegt hatte,<ref name="hgz1985-03"/> wurde ein Belag ausgewählt, der jenem gleicht, der in der ebenfalls zur Fußgängerzone umgebauten [[Oststraße]] Verwendung findet. Die Bauzeit betrug ca. neun Monate<ref name="hmgz0186">„Hammer Kaufhof mit neuem Konzept: In Mode und Sport ganz groß“ in: [[Hammmagazin|Hammagazin]] 01/1986, S. 5.</ref> und die Einweihung fand etwa zum Jahreswechsel 1986 statt.<ref name="chronologie" /> Das Hammmagazin rühmte das Ergebnis:
Dieser Entwurf wurde [[1985]]<ref name="chronologie" /> weitgehend umgesetzt. Die im ersten Entwurf noch vorgesehenen Arkaden-Vorbauten vor den Geschäftshäusern, die die Bahnhofstraße wetterfest machen sollten, waren nach Widerstand der Immobilieneigentümer schon gestrichen worden, zum Bedauern der Planer.<ref name="hgz1985-03"/> Nachdem die Bauverwaltung zunächst Musterfelder angelegt hatte,<ref name="hgz1985-03"/> wurde ein Belag ausgewählt, der jenem gleicht, der in der ebenfalls zur Fußgängerzone umgebauten [[Oststraße]] Verwendung findet. Die Bauzeit betrug ca. neun Monate<ref name="hmgz0186">„Hammer Kaufhof mit neuem Konzept: In Mode und Sport ganz groß“ in: [[Hammmagazin|Hammagazin]] 1/1986, S. 5.</ref> und die Einweihung erfolgte noch zum Weihnachtsmarkt 1985. Die Maßnahmen wurden mit drei Millionen Mark beziffert, ca. 1,7 Millionen DM sollten vom Land Nordrhein-Westfalen getragen werden.<ref>„Bahnhofstraße fertiggestellt – Promenade unter Bäumen“ in: [[Hammmagazin|Hammagazin]] 12/1986, S. 9.</ref> Das ''Hammmagazin'' rühmte das Ergebnis:


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=== 21. Jahrhundert ===
=== 21. Jahrhundert ===
[[Bild:Bahnhofstraße 2010.jpg|mini|Bahnhofstraße Ecke [[Am Stadtbad]] Richtung Westentor (2010)]]
[[Bild:Bahnhofstraße 2010.jpg|mini|Bahnhofstraße Ecke [[Am Stadtbad]] Richtung Westentor (2010)]]
Im 21. Jahrhundert schlossen zunächst mit Horten ([[2000]]) und später dessen Nachfolger Yimpas ([[2005]]) sowie der Kaufhalle ([[2004]]) zwei von vier Kaufhäusern am Standort, sodass sich die Bahnhofstraße vorübergehend in einem Niedergang befand. Auch zahlreiche Ladenlokale wechselten mehrmals ihre Mieter; es kam (unter anderem im Horten) zur Ansiedlung von Rest- und Sonderpostenläden. Das Bahnhofsviertel wurde daraufhin im Juli 2005 unter dem Projekttitel „Bahnhofsquartier“ in das Stadterneuerungsprogramm „Stadtumbau West“ von Bund und Ländern aufgenommen.<ref name="chronologie">[https://www.hamm.de/fileadmin/user_upload/Medienarchiv_neu/Dokumente/Stadtplanungsamt/2020_Chronologie_BQ.pdf „Bahnhofsquartier - Eine Chronologie“] (PDF) in: hamm.de (zul. abgerufen am 27.04.2024)</ref>  
Im 21. Jahrhundert schlossen zunächst mit Horten ([[2000]]) und später dessen Nachfolger Yimpas ([[2005]]) sowie der Kaufhalle ([[2004]]) zwei von vier Kaufhäusern am Standort, sodass sich die Bahnhofstraße vorübergehend in einem Niedergang befand. Auch zahlreiche Ladenlokale wechselten mehrmals ihre Mieter; es kam (unter anderem im Horten) zur Ansiedlung von Rest- und Sonderpostenläden. Der Stadtrat verabschiedete im Dezember 2004 das „Stärkungskonzept Bahnhofsquartier“ als Grundlage für die weitere Entwicklung. Das Bahnhofsviertel wurde daraufhin im Juli 2005 unter dem Projekttitel „Bahnhofsquartier“ offiziell in das Stadterneuerungsprogramm „Stadtumbau West“ von Bund und Ländern aufgenommen.<ref name="chronologie">[https://www.hamm.de/fileadmin/user_upload/Medienarchiv_neu/Dokumente/Stadtplanungsamt/2020_Chronologie_BQ.pdf „Bahnhofsquartier - Eine Chronologie“] (PDF) in: hamm.de (zul. abgerufen am 27.04.2024)</ref>  


Im November des gleichen Jahres stimmte der [[Stadtrat]] der Aufstellung einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen nach § 171 d Baugesetzbuch (Gebietsabgrenzung) zu. Ebenso passierte die vorgelegte „Stadtumbaukonzeption Bahnhofsquartier“ den Rat.<ref name="chronologie" /> Im Oktober 2006 wurde der Ankauf des Horten-Kaufhauses und der Kaufhalle vom Rat beschlossen.<ref name="chronologie" /> Im April 2007 wurde in einem europaweiten Architektenwettbewerb der Neubau eines „Kultur- und Bildungszentrums“ ausgeschrieben, das auf dem Horten-Gelände errichtet werden sollte. Dazu wurde das Kaufhaus Horten ab Juli 2007 abgerissen. Am [[26. Februar]] [[2010]] wurde der Nachfolgebau, das [[Heinrich-von-Kleist-Forum]], als neue Heimat der [[Stadtbüchereien Hamm|Stadtbücherei]], der [[SRH Hochschule in Nordrhein-Westfalen]] und der [[Volkshochschule Hamm]] (VHS) eingeweiht.<ref name="chronologie" />  
Im November des gleichen Jahres stimmte der [[Stadtrat]] der Aufstellung einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen nach § 171 d Baugesetzbuch (Gebietsabgrenzung) zu. Ebenso passierte die vorgelegte „Stadtumbaukonzeption Bahnhofsquartier“ den Rat.<ref name="chronologie" /> Im Oktober 2006 wurde der Ankauf des Horten-Kaufhauses und der Kaufhalle vom Rat beschlossen.<ref name="chronologie" /> Am 6. November 2006 wurde in einem europaweiten Architektenwettbewerb der Neubau eines „Kultur- und Bildungszentrums“ ausgeschrieben, das auf dem Horten-Gelände errichtet werden sollte. Es setzte sich das Architekturbüro ''ap plan mory osterwalder vielmo'' (Stuttgart/Berlin) durch. Anschließend wurde das Kaufhaus Horten ab Juli 2007 abgerissen. Am [[26. Februar]] [[2010]] wurde der Nachfolgebau, das [[Heinrich-von-Kleist-Forum]], als neue Heimat der [[Stadtbüchereien Hamm|Stadtbücherei]], der [[SRH Hochschule in Nordrhein-Westfalen]] und der [[Volkshochschule Hamm]] (VHS) eingeweiht.<ref name="chronologie" />  


Im September 2010 fasste der Rat den Beschluss, die Kaufhalle an einen Investor zu verkaufen.<ref name="chronologie">[https://www.hamm.de/fileadmin/user_upload/Medienarchiv_neu/Dokumente/Stadtplanungsamt/2020_Chronologie_BQ.pdf „Bahnhofsquartier - Eine Chronologie“] (PDF) in: hamm.de (zul. abgerufen am 27.04.2024)</ref> Im April [[2011]] wurde mit dem Abriss begonnen, im Juni [[2011]] war dieser vollzogen. Seit Sommer [[2012]] befinden sich an dieser Stelle in dem modernen Nachfolgebau das [[Jobcenter|Kommunale Jobcenter]] und ein [[Fernseh Berlet GmbH & Co. KG|Euronics]]-Elektronikmarkt. Auch wenn dessen Architektur in Ansätzen dem Kleist-Forum nachempfunden ist, wurde die Fassade lediglich in einem Anthrazit-Ton verputzt.
Im September 2010 fasste der Rat den Beschluss, die Kaufhalle an einen Investor zu verkaufen.<ref name="chronologie">[https://www.hamm.de/fileadmin/user_upload/Medienarchiv_neu/Dokumente/Stadtplanungsamt/2020_Chronologie_BQ.pdf „Bahnhofsquartier - Eine Chronologie“] (PDF) in: hamm.de (zul. abgerufen am 27.04.2024)</ref> Im April [[2011]] wurde mit dem Abriss begonnen, im Juni [[2011]] war dieser vollzogen. Seit Sommer [[2012]] befinden sich an dieser Stelle in dem modernen Nachfolgebau das [[Jobcenter|Kommunale Jobcenter]] und ein [[Fernseh Berlet GmbH & Co. KG|Euronics]]-Elektronikmarkt. Auch wenn dessen Architektur in Ansätzen dem Kleist-Forum nachempfunden ist, wurde die Fassade lediglich in einem Anthrazit-Ton verputzt.
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== Trivia ==
== Trivia ==
[[Datei:Bahnhofstraße 2006 Größter Stuhl der Welt.jpg|mini|rechts|„Größter Stuhl der Welt“]]
[[Datei:Bahnhofstraße 2006 Größter Stuhl der Welt.jpg|mini|rechts|„Größter Stuhl der Welt“]]
Ein Kuriosum der 2000er-Jahre blieb der angeblich „größte Stuhl der Welt“, ein rot lackierter, übergroßer Stuhl aus Holz, der Anfang der 2000er auf Höhe der Stadtwerke-Uhr auf der Sitztreppe installiert wurde. Die vom Förderverein Stadttheater Hamm e. V. mithilfe von Sponsoren gebaute Plastik verschwand genau so unvermittelt aus der Bahnhofstraße, wie sie gekommen war. Die vermeintliche Rekordleistung ist im Übrigen fraglich, da eine bekannte deutsche Möbelhauskette ebenfalls mit (noch größeren) roten Stühlen für sich wirbt.
Ein Kuriosum der 2000er-Jahre blieb der angeblich „größte Stuhl der Welt“, ein rot lackierter, übergroßer Stuhl aus Holz, der Anfang der 2000er auf Höhe der Stadtwerke-Uhr auf der Sitztreppe installiert wurde. Die vom Förderverein Stadttheater Hamm e. V. mithilfe von Sponsoren gebaute Plastik verschwand genau so unvermittelt aus der Bahnhofstraße, wie sie gekommen war. Seit 2004 wirbt eine bekannte deutsche Möbelhauskette mit weit größeren roten Stühlen für sich.


== Bilder ==
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