Vogelsang (Straße)

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Der Vogelsang ist eine Straße im Bezirk Heessen.

Sie verbindet die Mansfelder Straße mit Am Hämmschen.

Weitere Informationen

Der Vogelsang führt in der Verlängerung der Straße Am Hämmschen zur Mansfelder Straße und war in den Anfängen der Bergarbeiterkolonie Sachsen der Verbindungsweg zwischen „alter“ und „neuer“ Kolonie. Das Gelände des Westbergs mit seinem nördlichen Abschluss, dem heutigen Vogelsang und damaligen Verbindungsweg gehörte politisch zur Stadt Hamm. Die uralte Flurbezeichnung Rennplatz in dieser Gegend deutet auf die Grenze zwischen Hamm und Heessen hin, denn „Renn“ hat in diesem Fall nichts mit Rennen zu tun, sondern mit Rain, was so viel wie Grenze bedeutet. Hier befand sich ein Teil der Nordenlandwehr, die als Grenzbefestigung die märkische Stadt Hamm vor den Übergriffen der Münsterländer schützen sollte. Noch bis in die 1940er Jahre waren die Bäume und Büsche der Landwehr zu erkennen.

Als nach dem ersten Weltkrieg eine weitere Siedlung der Zeche Sachsen erbaut werden sollte und zwar am „Verbindungsweg“, war die Stadt Hamm nicht damit einverstanden. Die Gemeinde Heessen bemühte sich daher, das ganze Gelände einzugemeinden. Die Stadt Hamm war hocherfreut über das Angebot der Gemeinde Heessen ihr zum Tausch ein gleich großes Stück landwirtschaftlich genutztes Land neben der Bahnlinie nach Münster zu überlassen. Denn man vermutete nichts als Verdruss und Kosten durch den Bau von 205 Werkswohnungen. Die Stadt Hamm hätte dort oben eine Polizeistelle einrichten müssen, eine Schule bauen und für die Wege sorgen müssen.

Die Gemeinde Heessen schloss einen Vertrag mit der Zechenverwaltung. Diese musste für jede Familienwohnung 200 Mark an die Gemeinde zahlen. Außerdem verpflichtete sich die Zechenleitung, eine achtklassige Schule zu bauen. Heessen glaubte, durch die Steuereinnahmen von 915 zusätzlichen Menschen große wirtschaftliche Vorteile zu haben. Aber, gab die Tageszeitung damals zu bedenken, kamen auch hohe Kosten, vor allen Dingen durch Polizei und Armenlasten auf die Gemeinde zu. Als Beispiel hatte man Ahlen vor Augen, wo die Armenlasten sich auf 600 000 Mark beliefen, hauptsächlich verursacht durch die Zeche. Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg war bedingt durch Inflation und Not eine sehr schlechte Zeit für Investitionen durch die Gemeinde, aber die Gemeinderatsmitglieder in Heessen haben hier Großartiges geleistet, indem sie im Vertrauen auf die Zukunft die Bedingungen für die weitere industrielle Entwicklung der Gemeinde legten.

Die Siedlung am Vogelsang wurde ebenso wie die alte und neue Kolonie durch Alfred Fischer errichtet. Hier wurden jedoch Mehrfamilienhäuser in sechs langen Baukörpern entlang der Straße erbaut, dazwischen stehen etwas zurück gesetzt 1½ geschossige Häuser. In den 1990er Jahren wurde die Vogelsangsiedlung völlig restauriert und renoviert. Es zeigte sich, dass durch die jahrelange Vernachlässigung der Siedlung diese ihren ursprünglichen Charakter weitgehend erhalten hatte. So konnte man ein seltenes Beispiel einer geschlossenen Arbeitersiedlung aus den frühen zwanziger Jahren als kulturelles Denkmal erhalten und gleichzeitig für die Bewohner ein lebenswertes Umfeld schaffen.

Nicht alle Straßennamen in Heessen haben ihren Ursprung in Flurbezeichnungen, obwohl man das manchmal durchaus annehmen könnte.

Der Vogelsang ist keine Flurbezeichnung, heißt auch nicht so, weil hier die Vögel besonders schön singen, er ist benannt nach dem Direktor der „Mansfeldschen Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft“, der die Zeche Sachsen gehörte, Bergrat Dr. Karl Vogelsang (1866 – 1920).

Er starb am 16. März 1920 durch die Kugel eines Aufständischen in Eisleben in Thüringen. Der Kapp-Putsch von 1920 führte zum einzigen Generalstreik, den es jemals in Deutschland gegeben hatte. Arbeiter bewaffneten sich und kämpften als „Rote Armee“ weiter, als der Putsch längst niedergeschlagen war. Insbesondere im Ruhrgebiet, in Sachsen und Thüringen kam es zu heftigen Kämpfen. Als ein Arbeiterausschuss das Auto des Generaldirektors Vogelsang requirieren wollte, kam es zu dem verhängnisvollen Schuss, an dem Dr. Vogelsang starb. Die Entscheidung der Zechenverwaltung, der neuen Koloniestraße, in deren Häusern sozialdemokratische Arbeiter und Kämpfer der „Roten Armee“ wohnten, den Namen `Vogelsang´zu geben, war zur damaligen Zeit auch als politisches Zeichen zu verstehen.

Ein legendärer Bewohner der Vogelsangsiedlung war „Pannschüppen-Adolf“, der wohl so hieß, weil er, der Bergmann unter Tage, Hände hatte, die so groß wie eine Pannschüppe waren. Eine Pannschüppe ist die sehr breite Schaufel mit dem kurzen Stil, die unter Tage zum Schaufeln der Kohle benutzt wurde. Pannschüppen-Adolf verkaufte nach der Arbeit im Nebenerwerb Heringe aus einer Tonne, die er auf einem Handkarren hinter sich herzog. Er pries während der Nazi-Zeit seine Ware mit folgenden Worten an: „Heringe, frische Heringe, dick und fett wie Hermann Göring!“ Heringe mit dem tatsächlich recht beleibten Reichsluftfahrtminister zu vergleichen war natürlich nicht im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie. Man vermutete zu Recht Hohn und Spott und bestellte den Heringsverkäufer zum Verhör. Nach drei Tagen wurde er aus der U- Haft wieder entlassen und zog mit seinem Karren durch die Straßen, indem er rief: „Heringe, frische Heringe, dick und fett wie neulich!“ Auch wenn diese Anekdote vielleicht nur erfunden ist, so zeigt sie doch, dass Mutterwitz und Widerstand gegen die Nazis in der Vogelsangsiedlung zu Hause waren.

Heute heißt die Siedlung im Volksmund „Klein- Istanbul“ und es scheint so zu sein, als gäbe es demnächst neue Anekdoten zu erzählen, die von Anpassung und Integration der meist türkischen Migranten handeln.[1]

Haltestelle

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Haltestelle: Vogelsang

Anmerkungen

  1. zitiert nach Rita Kreienfeld, Quelle: Alte Homepage des Heimatverein Heessen