Ter Veen

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Kaufhaus Richter 1920er
ter Veen 1940er
ter Veen 1958
ter Veen 1960 mit Bahnhofstraße
Vor Räumung (2019)

Ter Veen (eigentlich Kaufhaus für Jedermann Egbert ter Veen GmbH) war ein Traditionskaufhaus in der Fußgängerzone von Hamm.

Es überlebte 112 Jahre, obwohl ihm mit Kaufhalle (bzw. Müller-Hamm), Kaufhof und Horten zwischenzeitlich drei größere Konkurrenten in der Bahnhofstraße das Geschäft streitig machten. Ter Veen wurde schließlich nur um ein Jahr von Kaufhof überlebt – die übrigen Konkurrenten gaben vorher auf.

Geschichte

Der erste Besitzer des Geschäftes war Siegfried Richter (Bahnhofstraße 13). Er betrieb dort seit dem 16. September 1907 ein Spezialgeschäft guter Haushaltswaren, Galanterie-und Luxuswaren.[1] Die Familie Richter gehörte der jüdischen Gemeinde in Hamm an. Siegfried Richter starb schon im Alter von 44 Jahren im Jahr 1928. Sein Grabstein befindet sich heute auf dem jüdischen Teil des Ostenfriedhofs. Siegfried Richters Ehefrau Selma und die Kinder Lotte und Grete verließen 1933 die Stadt Hamm.

1934 wird auf Antrag der Rheinisch-Westfälische Boden-Credit-Bank in Köln ein Antrag beim Amtsgericht in Hamm auf Anordnung der Zwangsverwaltung wegen 16.750 Reichsmark (RM) rückständiger Zinsen gestellt. Die Grundstücke Bahnhofstraße 13 und Gasstraße 1 sollen beschlagnahmt werden. Als Verwalter wird der Rechtsanwalt Stähler aus Hamm bestellt. Diesem Antrag wird vom Gericht stattgegeben.

Rechtsanwalt Stähler nimmt Gespräche mit dem Testamentsvollstrecker des verstorbenen Siegfried Richter, Rudolf Levy, auf, einem Bruder von Selma Richter. Es geht um die Vermietung des Geschäftes und die Neufestsetzung der Mieten des Wohn- und Geschäftshauses.

Rechtsanwalt Stähler schlägt dem Testamentsvollstrecker Rudolf Levy und dem Buchhalter Brandt vor, einen arischen Mieter zu suchen, der einen monatlichen Zins von 1.000 bis 1.500 RM erzielen könne. Überraschenderweise zieht die Bank ihren Pfändungsantrag zurück, Besitzer des Wohn- und Kaufhauses ist weiterhin die Erbengemeinschaft Richter. Aus den Akten im Stadtarchiv geht nicht genau hervor, welcher Mieter in den Jahren von 1934 bis 1940 zum Zuge kommt. Es spricht einiges dafür, dass Egbert Ter Veen die Immobilie im Jahr 1937 gemietet hat, es könnte aber auch schon 1934 gewesen sein. Im Jahre 1940 wird das jüdische Kaufhaus zwangsarisiert (enteignet) und geht an den Meistbietenden. Das ist Egbert Ter Veen mit 280.000 Reichsmark.

Das Kaufhaus Ter Veen wurde im Zweiten Weltkrieg zweimal ausgebombt und in der Nachkriegszeit von Ter Veen wieder aufgebaut. Damit gab es neben Müller-Hamm ein zweites Kaufhaus in Hamm.

Am 19. April 1951 kam es zwischen der Erbengemeinschaft Richter und Kaufmann Egbert Ter Veen zu einem Vergleich.[2]

In der Rückerstattungssache der Erben des Kaufmanns Siegfried Richter, früher in Hamm als Antragstellerin und dem Kaufmann Ter Veen, wohnhaft in der Bahnhofstr. 13 wird ein Vergleich geschlossen:

  • Grundstücke: Aufgrund der Zwangsversteigerung besteht kein Anspruch. Aber es besteht Anspruch auf Erstattung der Geschäftseinrichtung und des Warenlagers.
  • Der Antragsgegner zahlt an die Antragstellerin den Betrag von 50.000 DM und zwar 15.000 DM sofort und den Restbetrag von 35.000 DM in monatlichen Teilbeträgen von 2.000 DM. Der Restbetrag ist jährlich mit 5 % zu verzinsen.

In den 1960er-Jahren war Ter Veen weit über die Grenzen der Stadt bekannt. Schönheitsköniginnen wie Mrs. Germany 1967, Fee von Zitzewitz, waren – genauso wie die Baby-Elefanten des Zirkus Althoff – besondere Attraktionen in den Verkaufsräumen. Das Haus warb mit dem Wahlspruch „Alle geh'n zu Ter Veen“ für sich in Prospekten und an der Fassade.

Im Jahr 1966 – ein Jahr vor seinem Tod – verkaufte Egbert Ter Veen sein Kaufhaus an einen Münchner Kaufmann namens Ensmann. 1981 ging das Kaufhaus an Artur Teppler über. Sein Sohn Andreas wurde 1992 sein Nachfolger in der Geschäftsführung.[3]

In den Jahren 2008 und 2009 wurden hier im Zuge des Kaufhaussterbens in Deutschland mehrere Reportagen von WDR, ZDF, Deutschlandfunk und Sat.1 gedreht.[4] Im September 2018 wurde dann bekannt, dass auch Ter Veen Mitte 2019 aufgeben würde, da sich das Geschäft nicht mehr lohnte. Nach einem mehrwöchigen Räumungsverkauf war der 29. Juni 2019 schließlich nach 112 Jahren der letzte offizielle Öffnungstag.

In der darauffolgenden Woche vom 1. bis 6. Juli öffnete das Haus überraschend noch einmal, um Restposten und Einrichtungsgegenstände zu verkaufen – allerdings nicht mehr unter dem Namen Ter Veen, sondern über die TIG GmbH in Möhnesee, deren Geschäftsführer auch Andreas Teppler ist.[5].

Verbleib und Nachnutzung

Zustand im Jahr 2022
Zustand im Jahr 2022

Für den letzten Eigentümer, Andreas Teppler, stand früh fest, dass die Immobilie nach Aufgabe des Geschäfts zeitnah abgerissen werden sollte, um die Nachbarschaft nicht mit einem Leerstand zu belasten. Eine Nachnutzung schied aufgrund des Sanierungsstaus im Gebäude und der veralteten Bausubstanz aus. Nach Aufgabe des Geschäfts war das Gebäude entkernt worden, Schadstoffe wurden dabei nicht gefunden.[6]

Über das Grundstück, das 1700 m² umfasst, schlossen Teppler und die Dudoq Real Estate GmbH (Aachen und Stuttgart) schon am 12. Dezember 2019 einen Kaufvertrag.[7]

Anfänglich prüfte der Investor die Errichtung eines Hotels oder eines kombinierten Wohn- und Geschäftshauses.[6] Im Dezember 2019 kolportierte man, dass die Ghotel Group dort ein Hotel der Kategorie 3-Sterne Superior mit 326 Betten in 148 Zimmern und 15 Apartments errichten wollte. Es hätte sich hierbei um den größten Hotelstandort in Hamm gehandelt – noch vor dem benachbarten Mercure.[8]

Im März 2020 kündigte Dudoq Real Estate dann einen Abriss des einstiegen Kaufhauses für April 2020 an. Bereits den ursprünglichen Termin im März hatte man aufgrund des Ausbruchs der Corona-Pandemie nicht halten können.[9] Doch zur Errichtung des Hotels kam es nie. Da die Ghotel Gruppe mit einem langfristigen Rückgang von Übernachtungen durch die Corona-Pandemie rechnete, nahm sie von ihrem Vorhaben Abstand, wie im Februar 2021 öffentlich wurde. Seitens Dudoq Real Estate wurde der Abriss deshalb aufgeschoben, bis Klarheit über eine neue Nachnutzung herrschen würde.[10] Die Schaufenster von Ter Veen wurden daraufhin im Juli 2021 im Auftrag des Inhabers mit Graffitis übersprüht, damit der Leerstand weniger augenfällig war.

Im April 2022 wurden aktualisierte Planungen zur Nachnutzung des Geländes durch Dudoq Real Estate bekanntgegeben. Vorgesehen sind gegenwärtig Seniorenwohnungen und ein Ladenlokal im Erdgeschoss. In die Planungen werden ferner die Parkplätze hinter dem Ter Veen-Komplex mit einbezogen, um eine geschlossene Bebauung bis zur Neuen Bahnhofstraße zu erreichen. Der Abriss bleibt solange aufgeschoben, bis der Bauantrag für den Neubau eingereicht wird.[11] Dudoq Real Estate ist nach WA-Informationen vertraglich daran gebunden, sein Projekt bis Mitte 2024 ins Rollen zu bringen.[12]

Weitere Bilder

Ehemalige Adresse

Bahnhofstraße 13
59065 Hamm
Telefon: (02381) 924610‎
Fax: (02381) 9246111

Presseberichte

Ehemaliger Weblink

  • kaufhaus-terveen.de

Einzelnachweise

  1. vgl. Wiederaufbau in Etappen. Im Zweiten Weltkrieg wird das Kaufhaus komplett zerstört – Töpfe aus Waffen. Westfälischer Anzeiger vom 1. November 2007
  2. Text aus „Die Geschichte des Kaufhauses Richter/Ter Veen“ mit freundlicher Genehmigung des Autors Hartmut Regenstein
  3. vgl. Wiederaufbau in Etappen. Im Zweiten Weltkrieg wird das Kaufhaus komplett zerstört – Töpfe aus Waffen. Westfälischer Anzeiger vom 1. November 2007
  4. web.archive.org
  5. Amtsgericht Arnsberg HRA 8248
  6. 6,0 6,1 Wa.de vom 30. Juli 2019
  7. Wa.de vom 13. Dezember 2019
  8. Wa.de vom 17. Dezember 2019
  9. Wa.de vom 27. März 2020
  10. Wa.de vom 18. Februar 2021
  11. Wa.de vom 15. April 2022
  12. Wa.de vom 4. November 2022

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