Hofesrechte von Rhynern, Drechen und Berge von 1717

In Rhynern wurde am 9. und 10. Juli 1717 ein Hoftag für die Höfe in Rhynern, Drechen und Berge abgehalten, bei dem die Hofesrechte von Rhynern, Drechen und Berge festgehalten wurden. Dabei geht es vor allem um Erbangelegenheiten.

Wortlaut

Das Hofesgesetz lautet wie folgt: [1]

Hofesrechte von Ryner, Drechen und Berge.

  1. Zu wißen, daß im Amte Hamm dreierlei Hofesgüter seyn, welche unter den dreien Höfen Rynern, Drechen und Berge sortiren.
  2. In diesen dreien Höfen erben die rechte eheliche in den Höfen gebohrne Erben die Hofesgüter bis in das vierte Glied, wenn Sie unsem gnädigsten Herrn die gehörige Pacht und andere Gerechtigkeit davon abstatten. Wann sie aber nicht bezahlen, und darin saumhaftig fallen, so entsetzen sie sich ihres Erbes an den Gütern, und aller Hofesgerechtigkeit, haben auch keine Macht bei sich selbsten, diese Hofesgüter zu verpfänden, zu versetzen, oder sonsten mit Schulden zu beschweren.
  3. In dem Hofesrecht Thynern aber erbet den Hof der älteste Sohn, und wann keine Söhne vorhanden, die jüngste Tochter.
  4. In dem Hofesrecht Berge erbet der älteste Sohn und die älteste Tochter.
  5. In dem Hofe zu Drechen erbet der jüngste Sohn das Gut und der älteste ins Heergewette, wann aber keine Söhne vorhanden, hält man es mit den Töchtern auch also.
  6. Wann aber einer von zweien Eheleuten als Frau und Mann nicht gehörig doch darauf gebracht, und nicht darin gewechselt wie gewöhnlich, als ohnhofhörig verstarben, in dem Fall stirbet unserm gnädigsten Herrn das halbe sämptliche Geraide und unbewegliche Gut zu.
  7. Wan auch die Hofesleute, sonder oder ihne ächte Erben in den Hof gebohren, darin das Gut gehörig, versterben, alsdann ist unserm gnädigsten Herrn der Hof oder das Gut heimgefallen, und verliehret alle des Hofes Gerechtigkeit und Natur. Im gleichen Fall, also wenn solche Erben nicht vorhanden, welche das Gerade oder Herrgewette böhren können, gebührte solches unserm gnädigsten Herrn.
  8. Ferner ist der dreyen Höfe Natur und Gerechtigkeit, wenn jemand von den Hofesleuten sich an einer anderen, die nicht in demselbigen Hoff gehörig, oder wie gewöhnlich darin gewechselt wäre, bestattete, es wäre denn auf den Hofes Gütern, oder andern in= oder außer Landes, denselben erbtheilet uunser gnädigster Herr als einen vollschuldigen eigenen.
  9. Wer sich auch in andere Freiheit, Eigenthum oder Gerechtigkeit begibt, kann nicht wieder angenommen werden, in demselben Hofe einig Erb= oder Nutzbarkeit zu erben.
  10. Wenn auch zu einem Hofesgut viel Kinder gehöreten, muß das Hofesgut nicht unter sie getheilet oder versplittert, sondern es müssen die Kinder mit dem geraiden Gut nach getrage verheirathet, oder mit einern andern gebräuchlichen Portion, als mit einigen Geldern nach vermöge der Güter abgegütet werden.
  11. Mit den Erbtheilungen wird es nicht gleichgehalten, denn in dem Hofesrecht Rynern erbtheilet unser gnädigster Herr den Mann allein nur nicht die Frau, in den anderen beiden Hofesrechten aber erben Se. Krurfürstl. Durchlaucht den Man und die Frau, und strecket sich diese Erbtheilung in allen dreien Hofesrechten weiter nicht den in den vierfüßigen Schatz, das ist in den halben Theil der Pferde, Kühe und Schweine, welche tempore mortis bei dem Hofe gefunden worden, die Schöpfe aber werden in das Gerade gerechnet, und gehet für die Erbtheilung, Heergewette und Gerade frey ab.
  12. Wenn sich auch zutriget, daß die Hofesleute von Rynern einig Erbgut an sich gewinnen, es sey in Erbschaft oder Pfandschaft, dasselbe erbtehilet unser gnädigster Herr auch bald, alleine nach Versterben des Mannes. Die andern Hofesleute von Berge und Drechen, wollen sich zwarn anmaaßen, daß Sie ihre angewonnene Erbgüter verkaufen und völlig an ihre Erben fallen lassen mögen, ist aber unbillig geachtet, weilen es gegen der Höfe Natur ist, stehet also zu höchstem Sr. Kurfürstl. Durchlaucht unsers gnädigsten Herrn Verordnung hin, wie es in solchen Fällen gehalten werden solle.
  13. Item die Kinder so nicht ehelich geboren, dennoch ehelich werden, können nicht erben.

Demnach vorbeschriebenes zu Dienst Sr. Königlichen Majestät unsers allergnädigsten Herrn und nöthiger Nachricht der Posterität dero sämbtlichen Hofesleuten Ambts Hamm diese Hofesbuch bei der anno 1717 den 9. u. 10. Julii gehaltener Hofessprache von sämtlichenHofesschulzen, anwesenden Hofesleuten zu renoviren und auf einständiges Begehren gut gefunden worden, daß bei der am Hofe Rynern in obgemelten Datis bei damahliger hierunter benennten Hofesschultzen Hermann Grefinghof gehaltener zweitägiger Hofessprache alle in diesem zur Renthey Ham gehörige Hofesleute in mein, des zeitlichen Hofesrichtern Praesens und beiseyn der dreyer Hofesschulzen durch mich zeitlichen Gerichtsschreibern Westendorff als dazu adhibirten Actuarium fideliter in diesem neu aufgerichteten und renovirten Hofesbuch wieder eingetragen, den Zustand der Hofesleute fleißig examinirt, und deren Kinder, so bis hiezu auf die Hofesgüter vorhanden gewesen und bei der Hofessprache angegeben worden, immatriculiret und alles mit Collationirung des vorigen alten Hofesbuchs revidiret, die Gebrechen nach bestem Vermögen supplirt und perfectirt, auch darab ein apartes Protocollum bei obgedachter Hofessprache abgehalten, und also dieses Buch für unsere Nachkommen zu renoviren höchst nöthig befunden haben. Urkundlich unser allerseits Hofesrichtern und Rentmeistern wie auch Hofesschulzen eigenhändiger Unterschriften. So geschehen am Hof Rynern in dato supra.

Joh. Fridr. Ludovic, Hofesrichter und Rentmeister.
Hermann Schulte Rynern als Hofesschulte.
Johan Hofesschulte zu Drechen.
Diederich Renninghof, jetziger Hofesschulte zu Berge.

In fidem praemissorum et veritates Testimonium subscripsit.

Johan Herman Westendorff, actuarius adhibitus manu propria.
Friedrich Schroeder, zeitliche Hofesfrohne.

Siehe auch

Anmerkungen

  1. zitiert nach: Sommer, Johann Friedrich Josef: Handbuch über die ältern und neuern bäuerlichen Rechtsverhältnisse in den ehemals Großherzoglich-Bergischen, Königlich-Westphälischen und Französisch-Hanseatischen Preußischen Provinzen in Rheinland-Westphalen. Teil 3. Hamm: Schulzische Buchhandlung 1830. S. 70-72; digitalisert durch Staatsbliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz: Werkansicht